Argentiniens letzte

Verfassungsänderungen erteilten zum ersten Mal die Vollmacht zur Aufstellung eines Vertragsgesetzes (ley-convenio) zur Regelung der Einkommensverteilung spätestens zum 31. Dezember 1996 für die Zuteilung verschiedener direkter und indirekter, von der Zentralregierung erhobener Steuern.

Der Kongress sollte dieses Vertragsgesetz auf der Grundlage der Vereinbarungen zwischen der Nationalregierung und den Provinzen verabschieden. Dieser verfassungsmäßig festgelegte Termin wurde nicht eingehalten. Das System jedoch, das von dieser Verfassungsänderung erstellt würde, ist neu für das Land und würde in den Machtverteilungsverfahren zwischen den verschiedenen Regierungsebenen bedeutende Änderungen hervorrufen.

Das gegenwärtige Einnahmenverteilungssystem Argentiniens kann bis 1935 zurückverfolgt werden, als es erstmalig für bestehende Verbrauchersteuern und später für die neu gebildete Verkaufs- und Einkommenssteuer angewendet wurde.

Am Anfang versuchte die Vereinbarung absichtlich, Steuereinnahmen an die Provinzen zurückzuführen und ein gewisses Verhältnis mit den in den Provinzen eingesammelten Steuern beizuhalten. Mit der Zeit entwickelte sich das System jedoch zu einem System, in dem für die Einnahmenverteilung zwischen den Provinzen nur „Gleichheits“-Erwägungen im Vordergrund standen.

Dieses Einnahmenverteilungssystem und seine Evolution hatten bedeutende Auswirkungen sowohl auf den finanziellen als auch den politischen Föderalismus in Argentinien. Nun – nach 70 Jahren der Anwendung – äußern sich viele Argentinier sehr kritisch darüber.

Machtzugeständnisse und zu viel „Gleichheit“

Durch das Delegieren der Einnahmeverantwortung gesetzlich festgelegter Steuern (zum Beispiel der Einkommenssteuer) oder von Steuern, die gleichgestellter Verantwortung unterlagen (indirekte Steuern wie die Verkaufssteuer und später die Mehrwertsteuer) an die zentrale Regierung gaben die Provinzen in der Tat einen wichtigen Teil ihrer Steuererhebungsbefugnisse ab. Dies geschah durch das Delegieren von Steuerbasen in den Bereich der nationalen Regierung. Ein Beweis dafür ist die Struktur der Gesetzgebung über die Gesamtsteuereinnahmen, wovon mehr als 80% von der Zentralregierung kassiert werden und nur jeweils 15% und 4% aus Beiträgen der Provinzen und Städte stammen.

Daher funktioniert das heutige Argentinien trotz des Aufbaus als dreistufige Föderation, in der theoretisch alle Regierungsebenen ausreichende Steuereinnahmen- und Ausgabenbefugnisse haben, mehr als „formelle“ denn als „wahre“ Föderation.

Die Evolution der Vereinbarung für die Einnahmenverteilung und die Praxis der Konzentrierung der Steuererhebung schwächen nicht nur die föderale Finanzstruktur, sondern forderen die Idee einer institutionellen und politischen föderativen Struktur grundsätzlich heraus.

Durch das blinde Befolgen der „Gleichheits“-Erwägungen stellt das gegenwärtige Verteilungssystem der Steuereinnahmen, das gemäß der Verfassung von 1994 ausgetauscht werden soll, das Haupthindernis dar, die Provinzen zu eigenen fiskalischen Bemühen zu bewegen. Die finanziell effizienteren Provinzen lehnen ihre proportional niedrigen Zuteilungsrationen der Gesamtsteuereinnahmen ab und ringen um höhere Anteile.

Die finanziell weniger effizienten Provinzen haben keinerlei Veranlassung, ihre eigenen Steuereinnahmequellen zu erweitern, wenn der Erhalt von Finanztransfers von der zentralen Regierung sowohl einfacher als auch politisch risikoärmer ist als das Erheben eigener Steuern.

Der Grund dafür, dass das Gleichheitsprinzip, das auf die Reduzierung der finanziellen Ungleichheit zwischen den Provinzen (das so genannte horizontale Fiskalgleichgewicht) hinzielt, ihren Zweck nicht erfüllt und sogar zu einer umgekehrten Rückentwicklung der Nationalregierungsbefugnisse führte, kann in den Ausgabemustern der Provinzregierungen gefunden werden.

In Argentinien fand eine nachhaltige Dezentralisierung der Ausgaben statt – erreicht durch Delegierung, und nicht durch Rückentwicklung. Dies trifft auf das Bildungswesen (mit Ausnahme der Universitäten), die Sozialfürsorge und, zu einem geringen Grad, auf das Gesundheitswesen zu. So betragen die Ausgabenanteile der Provinzen für Bildung und Sozialfürsorge nahezu je 70% und 65%, während die Ausgaben für das Gesundheitswesen über 40% der Gesamtausgaben betragen.

Steuereinnahmen- und Ausgabenrichtlinien sind in völlig entgegengesetzter Weise organisiert. Der Steuereinnahmeprozess ist hochzentralisiert, während der Ausgabenprozess weitgehend dezentralisiert ist. Nur fünf der Provinzen erzielen Anteile durch eigene Steuereinnahmen in Höhe von 40% und 50% der Gesamteinnahmen. Die der übrigen Provinzen sind wesentlich niedriger. Das Ergebnis ist, dass die Mehrzahl der Provinzen nicht als finanziell autonom betrachtet werden kann. (Ein wichtiger Gedanke der finanziellen Autonomie sollte auf die Erhöhung der Regierungsausgaben zielen, die eigentlich durch eigene Ressourcen abgedeckt werden können.)

Gleichheit wird nicht gefördert

„Gleichheits“-Erwägungen allein haben nicht erreicht, dass finanzielle Ungerechtigkeiten beseitigt wurden. Die finanziell schwächeren Provinzen bleiben rückständig - trotz statistischer Beweise, dass sich ihr Pro-Kopf-Anteil an den von der staatlichen Regierung erhaltenen Einnahmen im Vergleich zu den höher entwickelten Provinzen verdoppelt, verdreifacht und in einigen Fällen sogar vervierfacht hat.

Es besteht der Tatbestand, dass eine Vereinbarung zur Einnahmenverteilung, die „finanzielle Bemühungen“ seitens der Provinzen nicht belohnt, Zielstellungen höherer provinzieller Rechenschaftslegung und Ausgabenkontrollen unterläuft. Diese Tatsache besteht trotz Vorkehrungen in dieser Vereinbarung, nach denen sich manche Provinzen vollständig auf nationale

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Zuwendungen zum Erfüllen ihrer Etatbedürfnisse verlassen können.

Es kommt nicht von ungefähr, dass ärmere Verwaltungsgebiete, die durch die höhere nationale Pro-Kopf-Finanzierung begünstigt werden, sowohl die schlechtesten Leistungen hinsichtlich öffentlicher Dienstleistungen als auch die höchsten Kennzahlen bei öffentlichen Stellen pro tausend Einwohner vorweisen.

Die unerwünschten Konsequenzen der Anwendung dieses 70 Jahre alten Einnahmenverteilungssystems wirken einem gesunden Finanzföderalismus in Argentinien entgegen. Sie behindern auch den politischen Föderalismus, indem ein Teufelskreis entsteht, in dem die Provinzen beträchtliche Energien in das Drängen nach höheren Anteilen der Nationalressourcen investieren (entweder aus der Verteilung von Einnahmen oder aus Transfers), die nur nach ausgedehnten Verhandlungen erzielt werden können. Dies wiederum verstärkt die finanzielle und politische Abhängigkeit der Provinzen von der zentralen Regierung.

Kann die Reform dieses Muster durchbrechen?

Wenn Argentinien die Verfassungsänderung zur Einkommensverteilung in die Praxis umsetzen könnte, würde dies nicht nur zu Änderungen in der Machtverteilung zwischen den Regierungsebenen führen, sondern die Provinzen auch zu höherer Rechenschaftslegung und besseren Verwaltungsstandards anregen?

Die Antwort verlangt eine gründliche Untersuchung der Verfassungsänderung von 1994.

Obwohl diese Verfassungsänderung lediglich das Einnahmenverteilungssystem anstelle eines angemessenen Bezugs zu Finanzvereinbarungen innerhalb der Verwaltungsebenen betrifft, erhalten die Finanzbeziehungen zwischen den verschiedenen Regierungsebenen erstmalig Verfassungsstatus.

Artikel 75, der sich mit dieser Angelegenheit befasst, legt speziell fest, dass der Kongress „ein Vertragsgesetz... zum Aufbau von Vereinbarungen zur Einnahmenverteilung und zur Garantie des automatischen Finanztransfers an die Provinzen erarbeiten soll“. Die „automatische“ Vorkehrung würde für das vorhandene System die wichtigste Neuerung bringen. Eins der gravierendsten Probleme, mit denen sich die Finanzministerien der Provinzen auseinandersetzen müssen, ist die finanzielle Belastung, die von ungünstigen Zeitplänen für Einnahmen und erforderliche Ausgaben verursacht wird.

Artikel 75 legt weiterhin fest, dass „ ...die Verteilung der Einnahmen zwischen der nationalen Regierung und den Provinzen (die so genannte Primärverteilung) sowie unter den Provinzen (die Sekundärverteilung) in direktem Verhältnis mit ihren Kompetenzen, Dienstleistungen und Funktionen unter Beachtung objektiver Kriterien für Finanztransfers ausgeführt wird“. Damit würde ein grundlegendes fiskalisches Prinzip angewendet, dass eine Abstimmung zwischen Einnahmen und Ausgaben auf jeder Regierungsebene erforderlich macht.

Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass diese Vereinbarung für die Verteilung der Einnahmen andere Kriterien als ein alleinstehendes „Gleichheits“-Ziel vorsieht und diese Kriterien eigene finanzielle Bemühungen und Etatleistungsvorgaben der Provinzen beinhalten würden.

Die Gleichheit würde jedoch eine wichtige Erwägung bleiben. Für die nachhaltige sozialökonomische Entwicklung des Landes würde diese Erwägung in einen weitergefassten Kontext eingebettet werden. Die Verfassungsänderung besagt, dass die Verteilung der Ressourcen „...auch Solidarität üben soll und auf von Gleichheit geprägte Entwicklungsstufen, Lebensqualitäten und Opportunitäten im gesamten Nationalgebiet zielen wird“.

In Bezug auf die Stärkung des finanziellen Föderalismus wird eine der wichtigsten Änderungen eventuell auf dem Gebiet der Verlagerung von Dienstleistungen und Funktionen an die Provinzen stattfinden.

Zahlreiche der übertragenen Dienstleistungen (zum Beispiel die Bildung) fielen unter eine Form der Delegierung spezieller Fonds, die von der Nationalregierung aus dem Staatsetat gezahlt wurden und die finanziellen Forderungen für an die Provinzen übertragene Dienstleistungen erfüllen sollten. Dies wiederum führte zu einem größeren Konflikt mit den Provinzen, in denen die Lehrergehälter höher waren als die zu diesem Zweck transferierten Fonds, da die Zentralregierung beim Zuteilen der Fonds nur eine bestimmte Höhe der Lehrergehälter anerkannte.

Dies würde in Zukunft nicht passieren. Die Verfassungsänderung fordert, dass „kein Transfer von Kompetenzen, Dienstleistungen oder Funktionen ohne entsprechende Ressourcenzuteilung stattfinden darf, die durch ein vom Kongress bzw. von der Gesetzgebung der jeweiligen Provinz verabschiedetes Gesetz begründet ist“. Zusätzlich wird festgelegt, dass „...die vorhandene Verteilung der Kompetenzen, Dienstleistungen oder Funktionen nicht ohne die Zustimmung der betroffenen Provinz geändert werden darf“.

Eine Gelegenheit für neue Ideen

Die Verfassungsänderung öffnet die Debatte über eine gründliche Revision der finanziellen Beziehungen über den einzelnen Rahmen einer Einnahmenverteilungsvereinbarung hinaus. Dies bezeichnen viele Argentinier als einmalige Gelegenheit für die Einführung neuer und effizienter Mechanismen.

Zahlreiche akademische Abhandlungen enthalten bereits Vorschläge zur Ausarbeitung gemischter Verteilungsverfahren mit Einnahmenverteilungsvereinbarungen und einem Prozess, der dem kanadischen Ausgleichsverfahren ähnelt (bei dem Provinzen Ausgleichszahlungen erhalten, wenn ihre Pro-Kopf-Steuererträge geringer sind als die durchschnittlichen, auf einer nationalen Grundlage geschätzten provinziellen Steuererträge) oder dem australischen Verfahren, in dem Subventionierungen den Provinzen ermöglichen sollen, einen grundlegenden Warenkorb öffentlicher Dienstleistungen bieten zu können.

Das Hauptthema bleibt die Möglichkeit zum Entwerfen einer Vereinbarung, deren Instrumente auf eine strenger geregelte finanzielle und politische Beziehung zwischen der zentralen Regierung und den Provinzen abzielen. Die Vereinbarung führt außerdem zu einer Rückentwicklung finanzieller Verantwortlichkeiten der Zentralregierung gegenüber den Verfassungsmitgliedern (Provinzen), was wiederum deren Rechenschaftspflicht erweitern soll.

Sollte sich die Vereinbarung als erfolgreich erweisen, würde sie nicht nur eine Erhöhung der Transparenz zwischen den verschiedenen Regierungsebenen bewirken, sondern würde den Provinzen auch die erneute Teilnahme an früheren Verzichtleistungen erlauben.

Darüber hinaus würden die Provinzen in Zukunft an der Verteilung politischer Macht teilhaben, da die Verhandlungen mit der Zentralregierung nicht von der Notwendigkeit des Ressourcenverteilungskampfes beeinträchtigt würden.

Der Kongress ist gegenwärtig mitten im legislativen Prozess, und alle Optionen sind verfügbar. Es ist klar, dass dieser „Wendepunkt“, der bereits im Titel angesprochen wurde, eine Herausforderung für Argentinien darstellt, den Eintritt in den auserwählten Kreis der „wahrhaft“ föderalen Länder zu wagen.

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