Malaysia: Zentralisierter Föderalismus und Außenbeziehungen

FRANCIS KOK-W AH LOH

Die Außenpolitik und die auswärtigen Beziehungen fallen in den meisten föderalen Ländern in den Zuständigkeitsbereich der Zentralregierung. Die Globalisierung jedoch hat den Gliedstaaten neue Möglichkeiten eröffnet, eine zunehmend aktive Rolle zu spielen, besonders in den Bereichen Außenhandel und Auslandsinvestitionen. In kooperativen föderalen Systemen hat dies zu einer gewissen Umstrukturierung der Beziehungen zwischen der Föderation und den Bundesstaaten geführt. Im zentralisierten System Malaysias war dies jedoch nicht der Fall. Stattdessen haben diese neuen Bindungen zwischen den Gliedstaaten und ausländischen Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und sogar ausländischen Regierungen ein Licht auf die Ineffizienzen des zentralisierten Föderalismus geworfen, die nicht ohne den notwendigen politischen Willen beseitigt werden können.

Malaysia ist eine Mittelmacht in den internationalen Beziehungen. Gegenwärtig hat es den Vorsitz der Bewegung der Blockfreien Staaten und der Organisation der Islamischen Konferenz inne. Seine außenpolitische

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Agenda jedoch verfolgt Malaysia im Wesentlichen im Rahmen der ASEAN (Association of South East Asian Nations). Als deren Gründungsmitglied hat Malaysia im letzten Jahrzehnt den Wandel dieser Organisation vorangetrieben, einschließlich der Schaffung einer ASEAN-Freihandelszone und des ASEAN-Wachstumsdreiecks, das – unter Einbeziehung Vietnams, Laos, Kambodschas und Myanmars – die wirtschaftliche Zusammenarbeit fördern soll, sowie der Schaffung einer klaren ASEAN-Stimme in den internationalen Beziehungen – üblicherweise zur Unterstützung der Interessen der Entwicklungsländer.

Trotz seiner prosüdlichen außenpolitischen Rhetorik sind Malaysias traditionelle Handelspartner und Quellenländer für ausländische Direktinvestitionen die Vereinigten Staaten, die Europäische Union, Japan, China und Singapur. Seit den späten 80er Jahren haben Malaysias stetiges Wirtschaftswachstum, seine niedrige Inflationsrate und seine politische Stabilität ausländische Investitionen in großem Umfang angezogen. Das hat dabei geholfen, die Grundlage der Wirtschaft Malaysias hin zu einer exportorientierten Industrialisierung und dem Export von Flüssiggas umzuwandeln. Mit einer Bevölkerung von 25 Millionen Menschen belegt Malaysia heute den neunzehnten Platz in der Rangliste der größten Handelsnationen der Welt.

Sein exportgetriebenes Wachstum und seine Entwicklung als Land der zweiten Generation von Schwellenländern könnten den Schluss nahe legen, dass die Regierung, die Privatwirtschaft

und die Bevölkerung die durch die Globalisierung entstandenen Möglichkeiten besmöglich genutzt haben. Das Zögern der Zentralregierung, die Macht mit den Gliedstaaten zu teilen, hat jedoch diese Möglichkeiten beschränkt.

Die Bundesverfassung sieht explizit die Vorreiterrolle der Bundesregierung im Bereich der Außenpolitik vor. Außenbeziehungen und Sicherheitsfragen sind überwiegend Angelegenheiten der Bundesexekutive. Es hat wenig direktes Engagement der Regierungen der Bundesstaaten oder selbst des Bundesparlaments in den Beratungen zu internationalen Verträgen und Abkommen wie der ASEAN-Freihandelszone oder der Welthandelsorganisation gegeben. Nur

wenn einzelne Bundesstaaten an den Grenzen des Landes betroffen sind – wie im Falle von Flüchtlingen, die in Malaysia Zuflucht suchen, oder wenn die Bundesregierung die Beteiligung am ASEAN-Wachstumsdreieck stärken möchte –, werden die Regierungen der Bundesstaaten konsultiert. Bezeichnenderweise werden die federführenden Institutionen, die solche Initiativen durchführen, zwar in der

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Bundesregierung bestimmt, die Ministerien und Behörden der Bundesstaaten oder das Personal, das mit den federführenden Institutionen zusammenarbeiten soll, werden jedoch nur auf einer Ad-hoc-Basis ernannt.

Malaysias halbdemokratischer politischer Prozess hat die Macht der Bundesexekutive zusätzlich erweitert. Die regierende Barisan Nasional-Koalition kontrolliert das Bundesparlament und die meisten Parlamente der Bundesstaaten ohne Unterbrechung seit der Unabhängigkeit des Landes und stärkt damit die Fähigkeit der Bundesregierung, Entwicklungsprojekte sowohl auf nationaler als auch auf bundesstaatlicher Ebene zu steuern. Die Bundesexekutive hat auch Zwangsgesetze wie das Gesetz über die Innere Sicherheit, das die Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren erlaubt, genutzt, um den eigenen Status im Vergleich zu dem anderer Teile der Regierung auszubauen. Deshalb haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Malaysia als "Quasidemokratie" oder sogar als "Statistendemokratie" bezeichnet. Der Föderalismus Malaysias hat sich aufgrund der Ausgestaltung der Verfassung und der Verfassungspraxis in einen zentralisierten Staat mit starker Exekutive verwandelt. Trotz dieser Tatsache werden die Gliedstaaten im Rahmen der Globalisierung in verschiedene Formen der Beziehungen mit ausländischen Partnern hineingedrängt. Wenn diese Beziehungen jedoch regelmäßiger Natur sind, übertragen die Regierungen der Bundesstaaten diese an die Behörden des Bundes, auch wenn sie die Situation selbst meistern könnten.

Der Bundesstaat Penang ist ein Beispiel dafür. Er hat bereits beeindruckende Produktionskapazitäten für die Herstellung elektrischer Maschinen und die Montage und Prüfung von Halbleitern und Konsumelektronik aufgebaut und strebt nun danach, Investitionen mit hohem Wertschöpfungspotential in der Informations- und Kommunikationselektronik anzuziehen. Um dieses Ziel zu erreichen und um Investoren zu gewinnen, unternimmt eine halbamtliche Agentur des Bundesstaates Auslandsreisen, die häufig vom Premierminister des Bundesstaates geleitet werden. Sie unterstützt darüber hinaus die Investoren bei der Beantragung von Investitionsgenehmigungen beim Ministerium für internationalen Handel und Industrie und von Steuervorteilen beim Finanzministerium. Zudem hilft sie bei der Einholung von Genehmigungen der Einwanderungsbehörde des Innenministeriums für ausländische Arbeitskräfte. Die Beantragung dieser Genehmigungen bei den Behörden des Bundes, insbesondere bei der Einwanderungsbehörde, führt zu Verzögerungen und hat Penangs Wettbewerbsfähigkeit geschwächt, weil Wettbewerber wie China, Indien und Vietnam mit einem dezentralen Entscheidungsprozess arbeiten, der größere Effizienz ermöglicht.

Das Thema der illegalen Einwanderung im Bundesstaat Sabah hat ein ähnliches, ebenfalls mit einer übermäßigen Zentralisierung in Verbindung stehendes Problem in das Blickfeld gerückt. Während der 70er Jahre flohen Menschen von den südlichen Philippinen nach Sabah und wurden

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nicht in ihre Heimat zurückgeschickt. Das rasche Wirtschaftswachstum in Sabah in den vergangenen 30 Jahren zog weitere, meist illegale Einwanderer aus den benachbarten Teilen Indonesiens und der Philippinen an. Schätzungen zufolge lebten in den 80er Jahren etwa eine halbe Million Ausländer in Sabah. Da der Bereich der Einwanderung dem Bunde untersteht, verfügte die Regierung des Bundesstaates Sabah zu der Zeit nicht über die nötigen Ressourcen, um dieses Problem zu lösen, und musste die Bundesregierung darauf drängen, etwas zu tun. Erst 1988 erklärte das Bundeskabinett, dass die sozialen Probleme im Umfeld der illegalen Einwanderung nach Sabah ein Ausmaß angenommen hatten, das die nationale Sicherheit gefährdete. Dies führte zur Einrichtung einer "Federal Special Task Force" (FSTF), die die Aktivitäten der Armee, der Polizei und der Einwanderungsbehörde koordinierte und die Regierung des Bundesstaates konsultierte.

Die große Zahl illegaler Einwanderer jedoch führte zur Politisierung des Themas, während die Korruption in der Nationalen Meldebehörde, einer anderen Einrichtung des Bundes, es ermöglichte, dass geschätzte 50.000 illegale Einwanderer ihre Identitätskarten durch Betrug erhielten und sich danach als Wähler registrieren ließen. Das zögerliche Handeln der FSTF, als die Privatwirtschaft billige Arbeitskräfte für die Plantagen und Industrieunternehmen benötigte, führte zu Misstrauen und Argwohn gegenüber den Absichten des Bundes. Erst seit 2002, nachdem die Zahl der Einwanderer laut Schätzungen auf über eine Million Menschen angewachsen ist und nach Protesten der neuen Barisan Nasional-Regierung von Sabah, die die frühere Opposition verdrängt hatte, arbeitet die FSTF effizienter. Dennoch ist das Problem noch nicht gelöst. Im Mai 2006 wurde es notwendig, ein weiteres, vom stellvertretenden Premierminister geleitetes Sekretariat zu schaffen. Es scheint, dass die Probleme in Sabah und Penang besser durch eine gemeinsame Ausübung der Macht mit den Bundesstaaten des Landes gelöst werden können.